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Buchkinder in der Wolfbuschschule: „Das ist Handwerk, das geht nicht husch husch!“

(RED) In der Druckereiwerkstatt der Wolfbuschschule ging es in der ersten Woche der Sommerferien um ein wohl allmählich aussterbendes Handwerk: ein Buch kreiern, gestalten, drucken und binden.

Das besondere Angebot als Ferienbetreuung der Ganztagsschule Wolfbuschschule hat seinen Ursprung aus mehreren Quellen: Zum einen gibt es in Stuttgart in der Stadtbibliothek am Mailänder Platz seit 2014 die ursprünglich in Leipzig entwickelte Idee der „Buchkinder“ (www.buchkinder-stuttgart.de), zum anderen hat der Weilimdorfer Heimatkreis e.V. mit dem Ende Juni 2019 erschienenen Heimatblatt „Vom Zauber schöner Schriftgestaltung“ über den Weilimdorfer Grafiker Walter Stähle (1919 bis 2004) mit den Grundstein für die „Druckwerkstatt“ in der Wolfbuschschule gelegt, welche in Zusammenarbeit mit der Stadtteilbibliothek Weilimdorf nun eine kleine Gruppe von Kindern für das alte Handwerk begeistern konnte.

Motivierender Zugang zum „Medium Buch“__

Ziel des Projektes war es, dass die Kinder den kompletten Weg eines Buches kennenlernen. In mehreren Schritten vom Erdenken einer schlüssigen Geschichte, Entwicklung eines Konzeptes bis hin zum Druck und Veröffentlichung des Werkes wurden mit den Betreuerinnen alle wesentlichen Schritte gemeinsam erarbeitet und umgesetzt, um einen ganzheitlichen, neuen und motivierenden Zugang zum „Medium Buch“ zu bekommen.

__Kreative Schreibwerkstatt__

Das Projekt startete am 29. Juli mit sechs Kindern mit der „kreativen Schreibwerkstatt“ – unter fachlicher Anleitung einer echten Autorin, Mareike Fröhlich, und mit Unterstützung und Betreuung durch Alisa Kubitzky (von der GTS Wolfbuschschule), Maria Fastner und Annette Ritterbusch von der Stadtteilbibliothek in Weilimdorf am Löwen-Markt. Durch Erzählen, Auflockerungsübungen und Erklärung von Techniken zum kreativen Schreiben wurden die Schüler und Schülerinnen an diesem Tag zu Geschichtenerfindern und Schriftstellern und brachten ihre Erzählungen zu Papier.

Auf bis zu 14 Seiten haben die Jung-Autoren Ihre Texte und grafischen Entwürfe zusammengetragen, in denen es um die Träume eines Jungen geht, der entweder Ritter oder Pirat werden will – und am Ende beide „Berufe“ gleichzeitig ausübt. Oder auch der unglaubliche Sieg eines Pinguin über einen Eisbären, der zum Südpol reist, um sich dort satt zu fressen – daran aber scheitert, weil der Pinguin seine innere Ruhe fand und den Eisbären mit einem ausgeklügelten Boxschlag zurück an den Nordpol befördert. Ausführlichst auch die Geschichte des Mädchen „Mia“, das beim Wandern mit den Eltern eine schöne Zitrone findet, reinbeisst, und sich in einer anderen Welt wiederfindet und kleine Abenteuer wie z.B. mit einer Verwandlung in einen Frosch erlebt, bevor sie am Ende mit dem letzten Bissen der „magischen Zitrone“ doch wieder bei ihren Eltern landet.

__Kreative Druck- und Illustrationswerkstatt__

Am 30. Juli ging es dann darum, diese Geschichten zu illustrieren. Zu ihren Erzählungen gezeichnete Bilder wurden in handliche Druckplatten geritzt, diese farblich mit Walzen eingelassen und anschließend mit Druckwalzen auf mattes Buchpapier aufgebracht. Dieser Arbeitsschritt forderte die Geduld der kleinen Künstler gänzlichst heraus, galt es doch für frische Farbe auf der Walze den Tisch zu umrunden und sich nicht quer über diesen zu legen und andere Werke wie Farbplatten auf sein Malerhemd zu drücken: „Das ist Handwerk, das geht nicht husch husch!“ bzw. „das drucken kostet Zeit und Mühe“ aber auch „nicht zu viel Farbe aufbringen, sonst verschwinden am Ende die Konturen“, waren die aufmunternden Sätze von Kubitzky, Fastner und Ritterbusch, um den Kindern die notwendige Konzentration und „Schritt für Schritt“ zu verinnerlichen. Als alle Blätter getrocknet waren, kam der ebenso mühevolle Schritt rund um die bunten Grafiken die eigene Erzählung zu schreiben. Reine Handschrift – da ist keine Autokorrektur zur Stelle – entweder die Autoren schrieben richtig – oder eben so, wie sie es „zu Papier“ brachten. „Die Rechtschreibung spielt hier aber kein Rolle, das Kind soll frei schreiben können und alle Wörter seines Wortschatzes nutzen“, so Ritterbusch erläuternd. Mit anderen Worten: Echte Unikate entstanden auf diesem Weg in der Wolfbuschschule.

__Buchbinderwerkstatt und Vernissage__

Am 31. Juli folgte die Komplettierung der „Buchkinder“: das Binden der die Tage zuvor entwickelten Texte, Grafiken und Drucke zu einem Buch: Hier galt es die Druckbögen in der richtigen Reihenfolge zu ordnen und die Seiten kunstvoll in einer japanischen Fadenbindung zu fertigen. Die überzeugenden Endprodukte wurden als Abschluss am 1. August in der Stadtteilbibliothek um 11 Uhr von den Jung-Autoren und -Buchbindern im Rahmen einer kleinen Vernissage Eltern, Freunden und der Öffentlichkeit präsentiert.

_2. Literaturfestival vom 12. bis 18. Oktober 2019 der Buchkinder Stuttgart

Im Oktober findet in Stuttgart in der Stadtbibliothek am Mailänder Platz das zweite Literaturfestival der „Buchkinder Stuttgart“ mit Aktionen rund um Wort, Illustrationen, Text, Sprache und Buch statt. An diesen sechs Tage öffnet sich der Vorhang für ein umfangreiches Programm aus Schreib- und Kreativwerkstätten, Workshops, Spielen, Lesungen, Präsentationen und vielen Angeboten rund um das Alphabet. Die Workshops richten sich wohl an Kinder im Alter von 3 Jahren wie auch Jugendliche bis 16 Jahre.

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