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Vollversammlung des Flüchtlingskreis Weilimdorf

(TOM) Bei der Vollversammlung des Flüchtlingskreises Weilimdorf stand neben den Berichten auch ein Vortrag des Stuttgarter Asylpfarrers Joachim Schlecht auf der Tagesordnung.

Zur Vollversammlung des Flüchtlingskreises Weilimdorf konnte Sprecher Werner Bossert zahlreiche Gäste im Sitzungssaal des Bezirksrathauses begrüßen. Erster Punkt auf der Tagesordnung war ein Vortrag von Pfarrer Joachim Schlecht zur Situation von Asylbewerbern und Geduldeten in Stuttgart.

Wie die Lage der Flüchtlinge in Stuttgart sei könne er so nicht beantworten. „Die Lage der Menschen ist sehr unterschiedlich“, so Schlecht. Er könne nur über die derzeitigen Schwerpunkte berichten. „Ins Pfarramt kommen die Menschen, die Probleme haben“, so Schlecht weiter. Geflüchtete oder Geduldete, die Arbeit und eine Wohnung haben würden nicht kommen. Gut sei, dass die Menschen in vielen Fragen auch von Gruppen wie dem Flüchtlingskreis Weilimdorf beraten werden. „Sie sind in vielen Bereichen Spezialisten“, betonte der Asylpfarrer.

Wie die Situation derzeit aussieht machte Schlecht an verschiedenen Beispielen fest. So berichtete er von einem Iraner, der im Pfarramt war. Der Mann hätte einen Ausbildungsplatz, könne diesen aber nicht antreten, weil er keinen Pass hat. Wer keinen Pass habe könne nach den aktuellen Vorgaben auch nicht Arbeiten. Bis vor Kurzem habe auch noch der Führerschein gereicht. Fakt sei, dass jetzt eine Ausweispflicht gilt. Die Menschen müssten sich entscheiden, ob sie sich um die Beschaffung eines Passes bemühen wollen oder nicht. In der Situation seien momentan viele Geflüchteten.

Bei Geduldeten sei das Thema Arbeitserlaubnis ein Problem. Wer arbeiten wolle brauche eine Arbeitserlaubnis für die Firma des Arbeitgebers. Eine solche Arbeitserlaubnis zu erhalten daure zwei bis vier Wochen. Liege die Arbeitserlaubnis vor sei der Arbeitsplatz häufig schon weg. Vielfach würden gleich mehrere Bewerber ins Rennen geschickt und wer die Arbeitserlaubnis als erster vorlege bekomme dann den Zuschlag. „Danach geht das Rennen wieder los“, beschreibt Schlecht die Situation.

Weitere Themen, die Schlecht ansprach war das Kirchenasyl und die Wohnsituation. Zur Wohnsituation in den Unterkünften berichtete er, dass inzwischen 60 Prozent der Geflüchteten auf sieben Quadratmetern (pro Person) untergebracht seien. Dies habe zu einer Erhöhung der Nutzungsgebühr geführt von 389 Euro für 4,5 Quadratmeter auf 606 Euro für sieben Quadratmeter. Derzeit werde in Stuttgart darüber nachgedacht die Gebühr sogar rückwirkend zu ermäßigen. Derzeit würden immer mehr Flüchtlinge in Wohnungen umziehen. Dass sie eine eigene Wohnung finden, sei meist ein Verdienst der Ehrenamtlichen in den Flüchtlingskreisen.

Schlecht berichtete weiter, dass die Zahl der Geflüchteten, die nach Deutschland kommen sehr stark zurückgegangen sei. Grund dafür seien die Grenzen und Zäune die an den Außengrenzen Europas aufgebaut wurden. „Ich bin gespannt, wann die Menschen wieder auf anderen Wegen zu uns kommen“, so Schlecht. Fakt sei, dass die Flüchtlingszahlen weltweit steigen. Die Menschen die in Deutschland ankommen würden jetzt bis zu 18 Monaten in den großen Lagern bleiben. Nur Familien würden verteilt. Damit kopiere man das Schweizer Modell. Allerdings werde Geflüchteten in der Schweiz von Anfang an ein Rechtsberater zur Seite gestellt. „Bei uns ist das nicht so.“ Hier dürften sogar Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration die Geflüchteten beraten, also Menschen, die darüber entscheiden, ob sie als Flüchtling anerkannt werden oder nicht.

Schlecht wies weiter darauf hin, dass hier vor Ort auch Mitarbeiter von Geheimdiensten aus den Heimatländern der Geflüchteten aktiv seien. Auch Drogenkartelle, Frauenhändlerringe, und Betrüger seien unterwegs sowie auch Fundamentalisten, die in den Unterkünften agitieren. „Das sind Dinge, die sie sicher auch erleben“. „Wir beobachten immer wieder dass Menschen die die Unterkünfte verlassen plötzlich kein Kopftuch mehr tragen“, bestätigte Bossert.

In Stuttgart gebe es aber auch viel Positives, wie die Jobhilfe, das Wellcome-Center und natürlich auch die Flüchtlingsarbeitskreise. Positiv sei auch dass die Geflüchteten in den Behörden Unterstützung finden. Letztlich sei der Grad der Unterstützung aber vom jeweiligen Mitarbeiter abhängig.

Über die Situation in den Unterkünften in Weilimdorf berichtete anschließend Friedrich Becker von der evangelischen Gesellschaft. Becker ist Hausleiter der Unterkunft in der Steinröhre. „In der Steinröhre sind inzwischen 220 Menschen untergebracht, weil dort die sieben Quadratmeter Regelung greift“, so Becker. In der Solitudestraße sei die Wohnraumsituation noch angespannter. Der Hausleiter berichtete weiter, dass es in den Unterkünften weiterhin Probleme mit nicht behobenen Schäden gebe, weil die Versicherung nicht in die Gänge kommt. Die Zusammenarbeit mit dem Sozialamt funktioniere inzwischen besser, aber vieles daure immer noch sehr lange. „Der Wille beim Sozialamt ist da und wir können vieles auf direktem Weg regeln“. Die Zusammenarbeit mit den Kindergärten und Schulen funktioniere gut, ebenso die Zusammenarbeit mit der Polizei.

Becker berichtet weiter, dass in diesem Jahr 23 Kinder an der Waldheimfreizeit teilnehmen werden. Für die Kinder sei das eine sehr wichtige Erfahrung. Darüber hinaus gebe es in den Unterkünften verschiedene Projekte für Kinder und Jugendliche. „Da im vergangenen Jahr viele Babys geboren wurden, wollen wir ein Krabbelzimmer einrichten“, erzählt Becker. Eine Mutter-Kind Gruppe gebe es bereits.

Der Hausleiter berichtete weiter, dass in Weilimdorf schon einige Geflüchtete in eigenen Wohnungen untergekommen seien. Auch er erklärte, dass diese Wohnverhältnisse alle auf Vermittlung von Ehrenamtlichen zustande gekommen seien. Durch Vermittlung der zuständigen städtischen Ämter seien bisher noch keine Mietverhältnisse zustande gekommen.

Werner Bossert berichtete anschließend über die zuletzt durchgeführten Aktivitäten. Nach der Schließung der Kleiderkammer und des Möbellagers seien die Restbestande zu Fairkauf nach Feuerbach gebracht worden. Wenn derzeit Familien – etwa bei einem Umzug in eine eigene Wohnung – Möbel benötigen würden diese bedarfsorientiert beschafft. An der Stelle dankte Bossert Bezirksvorsteherin Ulrike Zich, sowie der Stadtverwaltung für die Unterstützung. Dank dieser Unterstützung habe man die Räume der Kleiderkammer im Alten Rathaus kostenlos nutzen können. Bossert berichtete weiter, dass dieses Jahr der erste PC Kurs in der Steinröhre stattgefunden habe. 28 Personen hätten sich dafür angemeldet, es seien allerding nicht alle gekommen. Jetzt starte der nächste Kurs, bei dem der Schwerpunkt auf das Thema Deutsch gelegt werde.

Ferner berichtete der Sprecher des Flüchtingskreises, dass man bei der Löwenmarkt-Einweihung mit einem Infostand vertreten war und dass die Sahara-Band dort gespielt habe. Weiterhin gut angenommen würden die Kaffee-Treffs. Allerdings würden hier weitere ehrenamtliche Helfer benötigt, teilte das Kaffee-Team mit.

Bei einer ersten Filmveranstaltung in der Steinröhre habe man festgestellt, dass die technische Ausstattung dafür ungenügend sei. Inzwischen sei die neue Technik beschafft. Nach den Ferien werde es einen Neustart geben. Geplant sei auch Filme auf Deutsch in Sequenzen zu zeigen und anschließend darüber zu sprechen. Ziel sei es, dass die Menschen die Filme und auch die Handlung verstehen.

Die Fahrradwerkstatt sei weiterhin aktiv, werde aber über die Sommerferien eine Pause einlegen. Die Fahrradkurse für Frauen würden sehr gut angenommen.

Bei den Sprachkursen, die weiterhin von Montag bis Donnerstag stattfinden sei festzustellen, dass die Teilnehmerzahlen nachlassen.

Mit Blick in die Zukunft hielt Bossert fest, dass nach den Sommerferien in beiden Unterkünften PC’s zur Verfügung stehen würden, die auch für die Sprachkurse genutzt werden können. Geplant sei zukünftig auch PC-Kurse in der Solitudestraße anzubieten sowie PC Kurse für Kinder und einen speziellen Kurs für Mädchen. Ferner werde eine Infoveranstaltung mit dem DRK stattfinden. Ziel sei es Jugendliche für die Arbeit des DRK zu gewinnen. Eine erste Veranstaltung habe bereits in den Unterkünften stattgefunden, die Zweite soll in den Bereitschaftsräumen in der Glemsgaustraße stattfinden.

Ferner wies Bossert darauf hin, dass am 11. August ein internationales Fußballspiel stattfinden werde bei dem Bewohner der Unterkünfte aus Weilimdorf gegen Bewohner der Unterkünfte in Gerlingen antreten. Ehrenamtliche seien als Mitspieler ebenfalls herzlich willkommen.

Geplant ist außerdem zusammen mit der Sportvereinigung Feuerbach ab September Schwimmkurse anzubieten. „Zu den Schwimmkursen müssen die Kinder von ihren Eltern begleitet werden. Die Ehrenamtlichen können das nicht übernehmen“, so Bossert. Aktuell werde auch geklärt ob man am Weilimdorfer Weihnachtsmarkt wieder mit einem Stand teilnehme. Für weitere Angebote und Ideen sei man offen.

Zur finanziellen Situation des Flüchtlingskreises berichtete Stephan Gier, dass man im vergangenen Jahr ein kleines Minus von 2000 Euro zu verzeichnen hatte. Einnahmen wurden überwiegend durch Zuschüsse und Spenden von Weilimdorfer Firmen generiert. Geplant sei auch dieses Jahr wieder eine Spendenaktion zu starten. Insgesamt sei die finanzielle Situation des Flüchtlingskreises dank dieser Unterstützung weiterhin sehr gut.

Text/Fotos: Tommasi

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